Hat das neue Zinsprodukte-Angebot von Trade Republic noch etwas mit Sparen zu tun?
Vorweg: Wer höhere Rendite verspricht, verspricht damit auch ein höheres Risiko! Wer also auf der Suche nach einer höheren Rendite als mit Bundesschatz, Tagesgeld oder Festgeld ist, der geht auch automatisch ein höheres Risiko ein!
Trade Republic erweitert sein Angebot um festverzinsliche Produkte, wobei es gar keine großartige Erweiterung ist, sondern es wird ein zum Teil bereits bestehendes Produktangebot verschoben und um weitere Angebote ergänzt – das ganze nennt sich dann „Fixed Income“ bzw. „Zinsprodukte“ in der Smartphone App . Nach dem Einstieg in Private Markets, im September, dieses Produkt wird vielseits kritisiert, folgt nun der nächste Schritt: Anleihen-ETFs und Anleihen aus dem Unternehmens- als auch Staatssegment. Mit dem neuen „Zinsprodukte“ sollen Kundinnen und Kunden angeblich planbare Zinsen erzielen können – mit Stabilität und geringer Volatilität so wird es zumindest beworben. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich aber sehr wohl ein Risiko, welches eher kleingeredet wird. Auf jeden Fall ist eines sicher: Das hat mit Sparen nur noch bedingt zu tun, obschon Trade Republic sich gerne als Sparplattform bezeichnet. Hier geht es um das Investieren und die neuen Produkte von Trade Republic haben etliche Risiken.
Insgesamt werden nun drei verschiedene Assets im Bereich des „Zinsprodukte“ angeboten:
- Festzinsprodukte auf ETF Basis (Laufzeiten-Fonds)
- Unternehmensanleihen
- Staatsanleihen
Festzinsprodukte auf ETF-Basis
Das Kernprodukt des neuen Angebots sind sogenannte Laufzeit-ETFs, die in hunderte oder tausende Anleihen investieren. Sie funktionieren in Hinblick auf die Laufzeit ähnlich wie ein Festgeld mit fixer Laufzeit – etwa zwei oder fünf Jahre – die Laufzeiten-ETFs zahlen Ausschüttungen regelmäßig aus und laufen zu einem festen Stichtag aus. Anders als bei klassischen Festgeldkonten können diese Produkte aber jederzeit verkauft werden. Dadurch entsteht Flexibilität, aber auch ein Kursrisiko: Steigen die Zinsen, fallen die Kurse. Wer vorzeitig verkauft, kann Verluste erleiden. Weitere Risiken werden weiter unten noch genannt.
Christian Hecker, Mitgründer von Trade Republic, betont im Interview mit Finanztip, man wolle Anlegerinnen und Anlegern „ein stabiles, planbares Element im Portfolio“ bieten. Das Risiko beschränkt sich laut ihm im Wesentlichen auf die Bonität der Emittenten. Doch auch wenn Ausfälle bei Staaten wie Deutschland (Rating: Moody’s Aaa, S&P AAA) unwahrscheinlich sind, besteht ein reales Marktrisiko. Bei Anleihen aus der Türkei (Rating: Moody’s Ba3, S&P BB-) oder Usbekistan (Rating: Moody’s Ba3, S&P BB-) zeigt sich aber auch für Außenstehende, dass hier ein höheres Risiko besteht. Dazu kommen natürlich auch noch weitere Risiken als nur das Emittentenrisiko. Wichtig ist zu wissen: Festgelder, speziell in Euro sind deutlich sicherer und durch die gesetzliche Einlagensicherung abgesichert.
Hier ein paar Eindrücke in Form von Screenshots
Mehr Rendite, aber auch mehr Risiko
Trade Republic vergleicht die Zinsen der Anleihen-ETFs direkt mit jenen des hauseigenen Zinskontos, das derzeit den EZB-Einlagensatz von 2,00 Prozent bietet. Bei längeren Laufzeiten seien Erträge von vier bis fünf Prozent möglich. Diese Differenz ist allerdings nicht risikolos. Wie Hecker selbst einräumt, „gilt: Immer wenn man deutlich mehr bekommt als auf dem EZB-Konto, ist Risiko im Spiel“. Neben dem Ausfallrisiko spielt auch die Laufzeit eine Rolle: Wer sein Geld über mehrere Jahre bindet, trägt ein Zinsänderungsrisiko, also die Gefahr fallender Kurse bei steigenden Leitzinsen.
Zugang zu US-Dollar-Anleihen
Ein weiteres Element des neuen Angebots ist der Zugang zu US-Dollar-Anleihen. Diese bieten höhere Zinsen als Euro-Produkte, bergen jedoch zusätzlich ein Währungsrisiko. Die Erträge werden in US-Dollar erzielt und bei einem stärkeren Euro können sich die Renditen entsprechend verringern. Hecker bezeichnet dies als „effizient eingepreistes Risiko“, doch für Privatanlegerinnen und Privatanleger kann der Effekt erheblich sein.
Investitionen sind ab einem Euro möglich, was den Zugang zu dieser Anlageklasse stark vereinfacht. Damit öffnet Trade Republic einen Markt, der bislang meist institutionellen oder sehr vermögenden Kundinnen und Kunden vorbehalten war.
Zwischen Sparen und Investieren
Trade Republic positioniert das Fixed-Income-Portfolio als „sicheren Baustein für den Vermögensaufbau“. In der Praxis handelt es sich jedoch klar um Investitionen – nicht um Spareinlagen. Die Produkte sind marktpreisabhängig, nicht durch eine Einlagensicherung geschützt und mit Kosten belegt (laut Interview rund 0,1 Prozent pro Jahr).
Auch wenn die Laufzeit-ETFs durch breite Diversifikation das Risiko einzelner Ausfälle senken, bleibt das Zinsänderungsrisiko bestehen. Die Bezeichnung „Festzinsprodukt“ ist daher irreführend: Es gibt zwar feste Kupons, aber keine Garantie auf den Kapitalwert.
Kosten und Preisbestandteile bei Trade Republic Fixed Income
Insgesamt ist das Kostenmodell also transparent und günstig, aber die Spreads können je nach Marktphase den größten unsichtbaren Kostenfaktor darstellen – besonders bei gering liquiden oder US-Dollar-basierten Anleihen.
Fremdkostenpauschale:
Pauschal 1 Euro pro Transaktion (Kauf oder Verkauf).
ETF-Kosten (laufende Gebühr):
Rund 0,1 % pro Jahr (Verwaltungsgebühr des Emittenten, bereits in der Rendite eingepreist).
Spreads (Handelsspanne):
Zwischen Ankaufs- und Verkaufspreis liegt eine kleine Differenz („Spread“).
Bei Anleihen-ETFs typischerweise 0,05 % bis 0,3 %, kann aber je nach Marktliquidität, Uhrzeit und Volumen schwanken. Diese Kosten sind indirekt, aber real – sie reduzieren den effektiven Einstiegskurs.
Rückvergütungen / Kickbacks:
Laut bisherigen Angaben erhält Trade Republic keine Rückvergütungen oder Provisionen von ETF-Anbietern bei diesen Produkten. Das Geschäftsmodell basiert auf der Pauschalgebühr und Zinseinnahmen aus Kundeneinlagen.
Keine Depot- oder Haltegebühren:
Für das Halten der Anleihen-ETFs fallen keine zusätzlichen Depotgebühren an.
Viele Risiken
Trade Republics neue Anleihenprodukte bieten höhere Zinsen, bergen aber klare Risiken. Kursverluste bei steigenden Zinsen, Ausfall- und Währungsrisiken sowie fehlender Einlagenschutz machen sie zu Investments, nicht zu Sparanlagen. Wer hier investiert, sollte stabile Zinsen nicht mit sicherem Kapital verwechseln.
- Kursrisiko: Steigende Zinsen führen zu fallenden Anleihekursen, vorzeitiger Verkauf kann Verluste bringen.
- Emittentenrisiko: Staaten oder Unternehmen können ausfallen – bis hin zum Kapitalverlust.
- Währungsrisiko: US-Dollar-Anleihen schwanken mit dem Wechselkurs, ein stärkerer Euro mindert Erträge.
- Kein Einlagenschutz: Kein gesetzlicher Schutz wie bei Tages- oder Festgeld bis 100.000 Euro.
- Liquiditätsrisiko: Verkauf bei ungünstigem Marktumfeld kann nur mit Abschlag möglich sein.
- Kostenrisiko: Laufzeit-ETFs haben Gebühren, die die Nettorendite schmälern.
- Inflationsrisiko: Fixe Zinsen verlieren bei steigender Inflation an Kaufkraft.
Marketing mit Prominenz und Bonuszins
Begleitet wird der Produktstart von einer groß angelegten Marketingkampagne mit TV-Persönlichkeit Bruce Darnell. Kundinnen und Kunden erhalten bis Jahresende einen Bonuszins von einem Prozent auf die investierte Summe in den nächsten 30 Tagen. Bedingung ist, dass das Produkt bis zum Ende gehalten wird, also nicht vorzeitig verkauft wird. Der Pferdefuß an der Geschichte ist, dass es den 1 % Aufschlag p.a. nur bis zum Jahresende gibt. Heißt, das sind maximal 2,5 Monate noch und damit gibt es von dem 1 % p.a. Bonus nur 2,5/12. Das soll den Einstieg erleichtern, kann aber nicht über die grundlegenden Unterschiede zwischen Sparen und Investieren hinwegtäuschen.
Kritik und Reaktionen
Wie schon bei der Einführung der Private-Markets-Produkte polarisiert auch das neue Zinsangebot. Während viele Nutzerinnen und Nutzer die neue Auswahl begrüßen, fordern andere mehr Transparenz über die Risiken und eine bessere Erreichbarkeit des Kundenservice – ein Thema, das Trade Republic nach eigener Aussage bis 2026 ausbauen will.
Ausblick: Droht eine Zinssenkung am Verrechnungskonto?
Nachdem Trade Republic nun das neue Produktangebot rund um „Fixed Income“ präsentiert hat, könnte es durchaus gut möglich sein, dass sie die Verzinsung am Verrechnungskonto reduzieren, damit ein sanfter Druck auf die Anlegenden ausgeübt wird, doch auf das neue Produktangebot zu wechseln. Offiziell ist dazu natürlich nichts bekannt, doch wäre das ein gangbarer Weg, um sein neues Produktangebot zu forcieren.
Fazit
Trade Republics neues Fixed-Income-Angebot ist ein weiterer Schritt hin zum vollwertigen Vermögensmanager. Die Produkte eröffnen neue Möglichkeiten, aber sie sind keine klassischen Sparformen und kommen damit mit höheren Risiken, teilweise deutlich höheren Risiken.
Für erfahrene Anlegerinnen und Anleger können sie ein sinnvolles Ergänzungsinstrument sein. Für klassische Sparerinnen und Sparer sind sie dagegen eher ein weiterer Beweis dafür, dass sich Trade Republic zunehmend zu einer Plattform entwickelt die mehr Geld verdienen möchte.
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